Am Rande von Köln, direkt hinter der Autobahn A1 liegt das größte private Baugebiet Nordrhein-Westfalens: Widdersdorf. Mehr als 10 000 Menschen leben hier, viele sind neu.„Es ist wie im Weihnachtsmärchen“, sagt Michael Kaiser, der den Stadtteil mitgebaut hat. „Maria und Josef auf dem Weg, um Herberge zu suchen.“ Das habe sich hier 2000 Jahre später wiederholt: „Junge Familien, die sich auf den Weg machen, um eine Herberge zu finden. Mich hat glücklich gemacht, dass ich diesen Suchenden eine neue Heimat anbieten konnte.“Das, was in Widdersdorf passiert, ist typisch für die Lage in NRW. Menschen kommen dazu, werden heimisch. Seit 2012 wächst die Bevölkerung im Land vor allem durch Zuzug, denn in NRW liegt die Sterberate über der Zahl der Geburten. Das Land wird vielfältiger. Gleichzeitig wächst die Sehnsucht nach Halt, nach Heimat.Der Psychologe Stephan Grünewald hat tausende lange Interviews geführt. Er sagt: „Wenn wir mit Menschen über Heimat reden, dann kriegen die direkt glänzende Augen“. In Zeiten der Unsicherheit wachse „die Sehnsucht nach einem Zustand wo man sich noch am Kirchturm orientieren konnte, wo man in einer kleinen, in einer umhegten, in einer überschaubaren Welt lebte.“Was aber ist „Heimat“ genau? Kann Widdersdorf von Anklam lernen, einer Stadt im Nordosten Deutschlands? Dort freut sich der Bürgermeister darüber, dass viele Menschen in ihre Geburtsregion und mit ihnen das Leben in die Stadt zurückgekehrt ist. Was aber treibt sie an? Heimatsehnsucht? In Widdersdorf haben zwar Menschen Häuser gebaut, aber aus tausenden Ichs scheint noch kein Wir geworden. Im alten Dorf erzählen manche, die Zugezogenen wollten sich nicht integrieren, kämen nicht zur Freiwilligen Feuerwehr, in den Sonntagsgottesdienst oder in die einzig verbliebene Dorfkneipe. Wer von ihnen, fragen sie, wird denn hier begraben werden?Wie unter einer Lupe lässt sich in Widdersdorf das verunsicherte Land studieren. Was erzählt der Stadtteil über Deutschland, das aufgewühlt und aufgebracht wirkt, ob der Frage, wer oder was es sein will. Heimat für jeden? Oder nur für den, der hier geboren wurde? Weltoffen? Oder eine starke Nation, die ihre Grenzen schließt?„Heimatland“ führt in das politische Berlin, wo seit einem Jahr das Heimatministerium Antworten geben soll, zu renommierten Experten. Madeleine Albright, frühere US-Außenministerin, einst vor den Nazis geflohen, sagt: Deutschland sei stets ein verlässlicher Partner gewesen. Nun schaue sie auf das Land und hoffe, die Menschen würden all diese Fragen klug beantworten. „Wir wollen alle wissen, in welche Richtung sich Deutschland bewegt. Wir leben in einer komplizierten Zeit, die eine Wegkreuzung sein könnte.
Zu sehen bei: Das Erste,Youtube
Produktion: btf GmbH, WDR, ARD
Regie:Michael Schmitt, Julia Friedrichs, Fabienne Hurst, Sara Lienemann, Eva Müller, Nora Nagel, Andreas Spinrath, Kevin Brüssel
Drehbuch: Julia Friedrichs, Leonie Heling, Fabienne Hurst, Sara Lienemann, Eva Müller, Nora Nagel, Michael Schmitt
Kamera: Nicolai Mehring , Johannes Obermaier, Sebastian Fred Schirmer
Musik: Lorenz Rhode, Florian Zenker
Schnitt: Elisabeth Raßbach
Colorgrading: Fridolin Körner
Länge: 69 Min.